Ein Wolf kann warten

Und der graue Räuber wartete, hatte alle Zeit dieser Welt. Er wusste genau, dass er gewinnen würde, das Opfer war ihm sicher, diesmal ganz ohne Kampf! Und Reacher dachte nach, zermarterte sich das Gehirn, suchte nach einer Lösung. Nur eine Kugel im Lauf, was sollte er tun? Ohne Schutz und Hilfe würde er erfrieren heute Nacht, das war ihm klar, und dann würde ihn der hungrige Wolf auffressen. Oder er würde vor Schmerzen und Kälte ohnmächtig werden und der Wolf würde ihn bei lebendigem Leib anfallen. Reacher hatte nur die Wahl zwischen Pest und Cholera, zwischen Tod oder Sterben. Und nur eine Kugel blieb dem verzweifelten Fallensteller, und damit nur eine, endgültig letzte Möglichkeit. Aber was war das für eine Wahl? Entweder er erschoss den Wolf und könnte dadurch mit viel Glück vielleicht noch eine letzte Nacht überleben, oder er erschoss sich selbst, und hätte damit sein aussichtsloses Leiden für immer beendet.

Viele verzweifelte Stunden dachte er über diese beiden Möglichkeiten nach, während der Wolf langsam immer näher kam, Hunger, Kälte und Schmerzen ihm die Besinnung raubten und die eisigen, schwarzen Finger seiner dritten und wohl letzten Nacht nach ihm tasteten. Was sollte er tun? Ein tödlich verletzter Mann, ein hungriger Wolf, eine Kugel nur im Gewehr! Was hatte er für eine Chance? Und als der bleiche Vollmond gegen Mitternacht über die Wipfel der Bäume gestiegen war, nutzte er das letzte, fahle Licht, steckte sich den Lauf seines Gewehrs in den Mund und drückte ab. Er war sofort tot und der erschrockene Wolf flüchtete mit riesigen Sprüngen zurück in den Wald.

Den Schuss in der mondhellen Nacht hörte sein Nachbar Sam Goory, der nur wenige Meilen entfernt ebenfalls auf seiner Fallenstrecke unterwegs war. Sofort eilte er auf die Stelle zu, wo er den Schuss vermutete, und erreichte den toten Reacher in diesem Moment, als der Wolf sich über die noch warme Leiche des alten Fallenstellers hermachen wollte (...)