Abenteuer Yukon Territorium
  • Zuerst GPS raus, Standort bestimmen, Kartenarbeit. Mindestens zweimal am Tag ist eine verwertbare Standortposition in der Karte einzutragen! Die an Bord befindlichen Flusskarten wären nämlich nur dann genau, wenn der Teslin sich endlich einmal an die Beschreibungen von Gus Karpes halten würde. Aber das ist schon seit mehreren Jahren nicht mehr der Fall.

    Das Flusstal ist wieder etwas enger geworden, in unregelmäßigen Abständen fließen links und rechts kleine Creeks mit mächtigem Getöse in den Teslin. Alle nutzbaren Uferbereiche sind überschwemmt, die Suche nach einem Übernachtungsplatz wird immer schwieriger. Kalter Wind kommt von Westen, und hin und wieder tauchen recht passable Campmöglichkeiten vor uns auf, aber meistens ist weder Platz genug für fünf Zelte plus Feuer und Ausrüstung, oder der Untergrund ist schräg und steinig, oder frische Bärenspuren am Ufer warnen uns rechtzeitig und lassen uns sicherheitshalber flüchten.

    Es ist also schon weit nach neunzehn Uhr, als vor uns plötzlich eine flache, lang gestreckte Halbinsel aus dem Fluss auftaucht. Schon beim Näherkommen steht die Entscheidung: hier werden wir unsere müden Häupter heute Nacht zur Ruhe legen. Der Regen legte kurzfristig eine Pause ein, als wir mit den üblichen Campvorbereitungen beginnen. Halbwegs im Trockenen und im letzten Licht der untergehenden Sonne werden die Zelte aufgebaut, ein riesiges Feuer wärmte und trocknete sowohl die Klamotten als auch die erschöpften Kanuten. Völlig unmotiviert stand, an einen windschiefen Baum gelehnt, eine roh gezimmerte Leiter am Waldrand. Sie hatte schon deutlich einige Jahrzehnte auf dem Buckel, aber wie diese Leiter dort hinkommt und was sie hier in der absoluten Wildnis zu suchen hatte, keine Ahnung.

    Wasserfeste Lieder
    Da der Regen schon während des Kochens wieder heftig zulangte, bastelten wir mit Hilfe von vier Stangen, einigen Schnüren und einer vier mal sechs Meter großen Plane einen halbwegs trockenen Unterstand. Ein Riesentopf Makkaroni mit Tomatensauce, dazu Bohnensalat mit frischen Kräutern stand heute auf unserem Speiseplan. Trotz strömendem Regen und nasskaltem Seitenwind schmeckte dieses Abendessen unter der tropfenden Plane ausgezeichnet.

    Im Laufe des weiteren Abends wechselten kurze Schauer mit Regenpausen und Nieselregen mit Sturmböen. Also ein völlig normaler Spätherbstabend im Yukon Territorium. Aber wozu hat man sich für teures Geld ein wasserdichtes Outfit zugelegt?

    Und es wurde mal wieder ein schöner Abend. Unmengen von Brennholz wurden für das nächtliche Feuer herantransportiert. Ganze Fichten, unter der Borke staubtrocken und harzgetränkt, wurden ein Raub der Flammen. In kurzen Regenpausen kam unser Yukon-Songbook zu Ehren, und sogar die Herren der Frühschicht waren begeistert bei der Sache (...)
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    Band 2 - Teslin River/Nisutlin River